Über 97 Prozent der Unternehmen wissen nicht, wie hoch ihre Fluktuationskosten sind. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie des Kompetenz Center Mitarbeiterbindung im Jahr 2016. Auch die übrigen befragten Arbeitgeber konnten die Kosten, die durch den Weggang und die Neueinstellung von Mitarbeitenden anfallen, nur sehr grob schätzen.
Vor allem die indirekten Fluktuationskosten bleiben oft unter dem Radar – und machen doch einen großen Teil aus.
In diesem Beitrag schlüsseln wir für euch auf, mit welchen direkten und indirekten Fluktuationskosten im Durchschnitt zu rechnen ist, und verraten euch, warum ihr diese systematisch ermitteln solltet.
Fluktuationskosten Definition
Unter Fluktuationskosten fallen alle Kosten, die durch die Mitarbeiterfluktuation verursacht werden, also durch einen Personalwechsel entstehen. Dazu zählen:
- Austrittskosten für den Weggang und die Kündigung von Mitarbeitenden
- Recruiting- und Onboarding-Kosten für die Neubesetzung der vakanten Stelle
- Kosten für Übergangslösungen und Mehrbelastungen
- Opportunitätskosten aufgrund von entgangener Gewinne und Umsatzeinbußen
Direkte und indirekte Fluktuationskosten
Meist werden bei der Ermittlung der Fluktuationskosten lediglich die direkten Kosten herangezogen. Dazu gehören alle sichtbaren Ausgaben, wie beispielsweise eine Abfindung an gekündigte Mitarbeitende, Kosten für Inserate, eine Personalberatung oder Schulungen der neuen Beschäftigten.
Mindestens genauso hoch schlagen aber auch die indirekten Fluktuationskosten zu Buche. Diese zeigen sich meist durch einen zusätzlichen Personal- und Zeitaufwand, zum Beispiel um Stellenausschreibungen zu verfassen, Bewerbungsgespräche zu führen und neue Mitarbeitende während der Einarbeitung zu betreuen.
Daraus setzen sich die Fluktuationskosten zusammen
Fluktuationskosten entstehen über einen längeren Zeitraum hinweg, mindestens von der Kündigung bis zur vollständigen Einarbeitung der Neubesetzung – und zwar für jeden Fluktuationsfall neu. In der nachfolgenden Checkliste haben wir typische Kostenstellen je nach Phase zusammengetragen.
Austrittskosten (Beendigung des Arbeitsverhältnisses)
Direkte Austrittskosten:
- Resturlaubstage
- Krankmeldungen (Es wird geschätzt, dass jede:r kranke Mitarbeitende dem Unternehmen pro Tag durchschnittlich 400 Euro kostet.)
- Entgeltfortzahlungen bei Freistellung
- Anwalts- und Gerichtskosten
- Abfindung
Indirekte Austrittskosten:
- Kündigung bearbeiten
- Exit-Gespräche führen
- Arbeitszeugnis ausstellen
- Minderleistung (Nach einer Kündigung sind Mitarbeitende bis zum Austrittstermin meist weniger motiviert und leistungsbereit.)
- Mehrbelastung der bleibenden Mitarbeitenden, um den Personalwegfall zu kompensieren
Such- und Auswahlkosten (Recruiting)
Direkte Such- und Auswahlkosten:
- Inserate und Stellenausschreibungen schalten
- Personaldienstleister oder Headhunter:innen anheuern
- Informationsmaterial für Kandidat:innen produzieren
Indirekte Such- und Auswahlkosten:
- Stellenausschreibungen verfassen
- Bewerbungen sichten
- Vorstellungsgespräche führen
- Interne Abstimmungen und Entscheidungsprozesse
Eintrittskosten (Onboarding)
Direkte Eintrittskosten:
- Eventuell höheres Gehalt der Neubesetzung
- Arbeitsplatz einrichten
- Neue Software-Lizenzen erwerben
- Kosten für Schulungen und Weiterbildung
- Beteiligung an Reise- und Umzugskosten
Indirekte Eintrittskosten:
- Arbeitsvertrag aufsetzen
- Neue Mitarbeitende anmelden
- Einarbeitungsplan erstellen
- Feedbackgespräche führen
- Mentoring-Programm
- Minderleistung (Die neuen Mitarbeitenden erhalten zwar vom ersten Arbeitstag an ihr volles Gehalt, erbringen aber noch nicht die volle Leistung. Sie erledigen ihre Aufgaben anfangs oft noch langsamer und machen auch mal Fehler. Insgesamt kann es bis zu einem Jahr dauern, bis die neuen Mitarbeitenden ihre Stelle ganz ausfüllen.)
Opportunitätskosten
Opportunitätskosten sind genau gesagt keine echten Kosten. Sie geben die Verluste und entgangenen Gewinne gegenüber der besseren Alternative an. Im Fall der Mitarbeiterfluktuation beschreiben die Opportunitätskosten alles, was dem Unternehmen entgeht, wenn die betreffenden Mitarbeitenden nicht im Unternehmen bleiben. Beispiele dafür sind:
- Mit den ausscheidenden Mitarbeitenden gehen auch geschäftliche Beziehungen und Kundenkontakte verloren.
- Das Unternehmen verliert Know-how, das im schlimmsten Fall zur Konkurrenz übergeht (was die Opportunitätskosten im Grunde sogar verdoppelt).
- Unter Umständen müssen Teams umstrukturiert und Rollen neu verteilt werden.
- Angefangene Projekte bleiben unvollendet.
- Kündigungen können das Betriebsklima stören und die Mitarbeiterzufriedenheit, Mitarbeitermotivation sowie die Arbeitseinstellung des Personals negativ beeinflussen.
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Wie hoch sind die Fluktuationskosten?
Wie wir gesehen haben, setzen sich die Fluktuationskosten aus vielen verschiedenen Parametern zusammen, die sich auch nicht immer auf den Cent genau beziffern lassen. Die Höhe der Kosten ist zudem abhängig von der Branche, der Unternehmensgröße und der jeweiligen Stelle. Grundsätzlich ist mit höheren Kosten zu rechnen, wenn Führungskräfte das Unternehmen verlassen.
Einen guten Einblick in mögliche Kosten bietet die anfangs erwähnte Fluktuationskosten-Studie des Kompetenz Center Mitarbeiterbefragung aus dem Jahr 2016. Aus den Angaben der 112 befragten Unternehmen mit 1.000 und mehr Mitarbeitenden ergeben sich folgende durchschnittliche Fluktuationskosten in den unterschiedlichen Kategorien:
- Direkte und indirekte Austrittskosten: 2.145 Euro und 2.122 Euro pro Fall
- Direkte und indirekte Such- und Auswahlkosten: 4.591 Euro und 6.115 Euro pro Fall
- Direkte und indirekte Eintrittskosten: 2.002 Euro und 2.097 Euro pro Fall
- Opportunitätskosten: 16.819 Euro pro Fall
- Aufschlag für Fehlbesetzung: 7.178 Euro pro Fall (Der Aufschlag ist nach der Wahrscheinlichkeit berechnet, dass die Fluktuationskosten erneut anfallen. Diese liegt laut den Befragten bei 20 %.)
Rechnet man die Kosten zusammen, ergibt sich ein durchschnittlicher Mindestbetrag von 43.069 Euro pro Fluktuationsfall. Zum Vergleich: Drei Jahre zuvor kam die gleiche Studie noch auf eine Summe von 36.911 Euro. Schon in dieser kurzen Zeit sind vor allem die Kosten für die Suche und Auswahl von neuen Mitarbeitenden stark angestiegen.
Seitdem sind wieder einige Jahre vergangen, und die Kosten werden nicht weniger. Insbesondere im Hinblick auf den voranschreitenden Fachkräftemangel müssen Unternehmen heute mehr Budget denn je in die Hand nehmen, um überzeugendes Employer Branding zu betreiben und qualifizierte Fachkräfte anzuziehen.
Fluktuationskosten berechnen – so geht’s!
Viele Unternehmen machen sich nicht die Mühe, ihre Fluktuationskosten systematisch zu ermitteln. Dadurch entgeht ihnen die Chance, die größten Kostenstellen zu identifizieren und mit passenden Maßnahmen die Kosten aktiv zu senken.
Die Formel, um die Fluktuationskosten zu berechnen, geht so:
Fluktuationskosten = (anfallende Kosten) x (Anzahl der Mitarbeitenden im Unternehmen x Fluktuationsrate)
Oder kurz gesagt: Die Fluktuationskosten eines Unternehmens sind die Kosten pro Fluktuationsfall mal der Anzahl der Fluktuationsfälle.
Grundsätzlich kann man, wie auch die Berechnung des Kompetenz Center Mitarbeiterbindung zeigt, davon ausgehen, dass die Kosten pro Fluktuationsfall etwa so hoch wie 100 bis 150 Prozent des Jahresgehalts (brutto) der ausscheidenden Mitarbeitenden sind.
🧮 Eine Beispielrechnung:
Durchschnittlich verdienen Arbeitnehmende in Deutschland aktuell 49.200 Euro brutto im Jahr (Quelle: Statistisches Bundesamt 2021). Die Fluktuationsrate in Deutschland liegt bei etwa 30 Prozent (Quelle: IWD). Bei einem Arbeitgeber mit 1.000 Mitarbeitenden belaufen sich die Kosten für die Fluktuation somit auf 14.760.ooo Euro.
Schafft es das Unternehmen nun, die Fluktuationsrate auch nur um drei Prozent zu senken, ergibt das eine Ersparnis von 1,476 Millionen Euro.
So könnt ihr eure Fluktuationskosten reduzieren
Das wirksamste Mittel, um Fluktuationskosten zu reduzieren, ist, die Fluktuationsrate in eurer Firma zu senken. Das Zauberwort lautet: Mitarbeiterbindung. Mit der Frage, wie ihr Mitarbeitende an euer Unternehmen bindet, haben wir uns in unserem Blogartikel „Maßnahmen für eine erfolgreiche Mitarbeiterbindung“ schon ausführlich beschäftigt.
Zudem empfehlen wir euch unseren Blogartikel zur Mitarbeiterfluktuation, in dem wir euch zeigen, wie ihr die Fluktuationsrate berechnet und welche Gründe es überhaupt für die Mitarbeiterfluktuation gibt.
Neben einer hohen Mitarbeiterbindung hilft euch auch eine strategische Unternehmenskommunikation dabei, unvermeidbare Fluktuationen bestmöglich zu meistern und Kosten sowie Verluste zu minimieren:
- Macht die Mitarbeiterbindung und Mitarbeiterzufriedenheit zu zentralen Themen eurer Kommunikationsstrategie.
- Kommuniziert rechtzeitig, wenn ein Personalwechsel ansteht, sodass sich alle Mitarbeitenden darauf vorbereiten können.
- Achtet stets auf eine wertschätzende Kommunikation, um Unmut im Kollegium zu vermeiden.
- Plant Zeit für eine gute Übergabe ein.
- Sammelt euer Unternehmenswissen zentral an einem Ort, sodass das Know-how nicht mit den ausscheidenden Mitarbeitenden verloren geht.
- Investiert in ein starkes Employer Branding, um eure Recruitingprozesse zu verkürzen und zu vereinfachen.
- Lasst dabei auch eure Mitarbeitenden für euch sprechen und baut ein professionelles Employee-Advocacy-Programm auf.
- Nutzt ein Tool für das digitale Onboarding, um die Einarbeitungsprozesse effizienter zu gestalten.
- Messt eure Maßnahmen und dokumentiert eure Ausgaben.
Unsere Employee Engagement Platform Haiilo unterstützt euch dabei, die Kommunikation und Zusammenarbeit in eurem Unternehmen zu verbessern und eure Unternehmenskultur zu stärken – und damit auf lange Sicht die Fluktuationsrate sowie Fluktuationskosten zu senken.